Kurt Landauer

Geschichte Kurt Landauer „Ich bin a Jud und a Bayer!“

„Mia san mia!“ – Wer diesen Satz hört, denkt unweigerlich an den Rekordfußball-Meister „FC Bayern München.“ Für seine Fans symbolisiert der weltberühmte Verein Heimatverbundenheit und Traditionsbewusstsein, aber auch Weltoffenheit und Toleranz. Eine seiner schillerndsten Figuren ist zweifellos Kurt Landauer. Nachdem er lange Zeit in Vergessenheit geraten war, gilt er heute als Visionär und mehr noch: Als Erfinder des FC Bayern, wie wir ihn kennen. Was allerdings nur wenigen bekannt ist: Der Fußballfanatiker war jüdisch. 

„Ich bin a Jud und a Bayer!“,

so hat es Kurt Landauer selbst gesagt. 1884 in Planegg bei München geboren, entwickelt der Junge schon früh eine Begeisterung für Fußball.

Als er mit 17 Jahren Spieler beim FC Bayern wird, trifft er dort auf Gleichgesinnte – und unter ihnen auf andere Juden, die den Ballsport ebenfalls leidenschaftlich betreiben. Für Landauer wird der Verein eine zweite Familie. Mit vollem Herzen kickt er für sein Team und wird im Jahr 1913 mit gerade mal 29 Jahren Präsident des Vereins.


Es ist der Beginn einer Erfolgsgeschichte, denn unter Landauers Führung wird der FC Bayern 1932 erstmals Deutscher Meister. Der Sieg ist nur möglich, weil der Urbayer Chuzpe* beweist – und Weitblick. Gegen den Willen des Deutschen Fußballbundes richtet er den Verein international aus und organisiert Testspiele mit Mannschaften verschiedenster Länder, um seine Mannschaft bestmöglich zu trainieren. Anfangs folgt eine Niederlage der nächsten, doch für Landauer ist dies nebensächlich. Er nutzt die Spiele, um die Strategie des FC Bayern zu perfektionieren, bis es schließlich heißt: „Toooor!“ 

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ist Landauer gezwungen, sein Amt als Vereinspräsident niederzulegen. Die nächsten Jahre hält er sich mit Übergangsjobs über Wasser, bis er 1938 im KZ Dachau interniert wird. Nach 33 Tagen kann er dank guter Freunde fliehen und überlebt den Holocaust im Schweizer Exil. 


Doch auch in dieser Zeit vergisst Landauer seinen Heimatverein nicht. Es heißt, er habe am 7. November 1943 heimlich ein Propagandaspiel des FC Bayern gegen die Schweizer Auswahlmannschaft besucht. Die Spieler sollen Landauer in der Menge erkannt – und trotz der wachsamen Augen der Gestapo-Männer – gegrüßt haben. 

Nach dem Krieg kehrt Kurt Landauer 1947 zurück nach München. Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, ist damals ein junges Mädchen. Sie erinnert sich, er sei zurückgekommen,


„weil er ein Herz hatte. Weil er wusste, dass seine Spieler, die Sportler, die Fußballer in einem zerbrochenen Land, in einem Trümmerhaufen lebten.“

Landauer wird erneut zum Präsidenten gewählt und baut den Verein wieder auf. Heute erinnern sich Fans des FC Bayern an einen Mann, „der die Identität, die Weltoffenheit und die antirassistische Haltung des Clubs wie kein anderer verkörpert hat.“

*Chuzpe: aus dem Jiddischen; bedeutet so viel wie: Unverfrorenheit, Dreistigkeit, Wagemut

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