Raupach Bier Bamberg

Die deutschen Juden und das Bier

Die Bamberger Lessing-Familie und ihre Frankenbräu

Der Biergenuss gehörte zum jüdischen Alltag in Bayern – genau wie in den allermeisten christlichen Familien. Mit ihren florierenden Handelsbeziehungen aber leisteten die Juden einen besonderen Beitrag zur bayerischen Bierkultur. Die Gewinne aus dem Hopfenhandel, in dem jüdische Händler sehr präsent waren, investierten sie zum Teil in den Aufbau hochmoderner Brauereien. Sie erfanden die Pfandflasche und die Hopfenpellets, etablierten die Pasteurisation und sorgten für internationalen Wissenstransfer. Kurzum: Der weltweite Ruf des Bayerischen Bieres wäre ohne das Mitwirken der Juden niemals Realität geworden.


Schabbat-Segen über das Bier 

Im beginnenden Mittelalter galt das Bier noch eher als Heilmittel gegen allerlei Gebrechen. Mit den sich immer weiter ausbreitenden privaten Braustätten bekam es sogar eine religiöse Funktion: „Es ist gestattet, Bier für den Kiddusch (den Segensspruch) zu verwenden, falls dieser 'der Wein des Landes' ist.“ 


Das „grüne Gold“ und die jüdischen Händler

Der Aufstieg des Bieres zum bayerischen „Landeswein“ ist eng verbunden mit dem Hopfen, auch bekannt als „Grünes Gold“. In Bayern vergrößerten die Hopfenbauern im 18. und frühen 19. Jahrhundert ihre Anbauflächen und erwirtschafteten Überschüsse, die außerhalb des Landes verkauft wurden. Diese Entwicklung fiel mit der Vertreibung der Juden aus vielen bayerischen Städten zusammen. Die Vertriebenen mussten sich nun nach neuen Einnahmequellen umsehen und nicht wenige fanden im Hopfenhandel in Bayern eine neue Einkommensquelle.


Die Lessings, Hopfenhändler und Verwandte Gregor Gysis 

Zu den Hopfenhändlern gehörte auch der überaus erfolgreiche Samuel Lessing aus der jüdischen Gemeinde in Mühlhausen. 1862 siedelte er mit seiner Frau und den vier Kindern in das etwa 20 Kilometer nordöstlich gelegene und für seinen Hopfenhandel international bekannte Bamberg um. Seine drei Söhne Anton, Benno und Simon stiegen ebenfalls in den Hopfenhandel ein, der schließlich unter „Lessing & Söhne“ firmierte. Der älteste der drei Söhne, Anton, ging wenig später nach Russland, um dort als Unternehmer erfolgreich zu sein. Außerdem war er politisch aktiv, was sich in seiner Familie fortsetzen sollte – sein Urenkel ist der langjährige Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi.

Modern und international: Die Export-Brauerei Frankenbräu

Der jüngste der Söhne, Simon Lessing, erhielt 1871 nach seiner kaufmännischen Ausbildung das Bürgerrecht der Stadt. Sein geschäftliches Augenmerk lag anfangs vor allem auf seiner Ziegelei, deren Produktion er erheblich erweitern konnte. Simon Lessing war auch sehr an Innovationen interessiert und experimentierte beispielsweise mit neuen Motoren und Transportschiffen für seine Ziegelsteine. Dieser Tatendrang ließ in ihm auch die Idee für eine eigene Brauerei aufkeimen. Zu dieser Zeit waren die Aktiengesellschaften gerade in Mode gekommen, und so kaufte Lessing 1884 ein drei Hektar großes Grundstück in Bamberg und ließ die „Erste Bamberger Export-Bierbrauerei Frankenbräu“ am 5. November 1885 in das Handelsregister eintragen.

Eine Auszeichnung: Frankenbräu wird zur Hofbräu

Für Bamberg war das eine absolute Neuigkeit – es gab bisher noch keine Aktienbrauerei und auch noch kein Unternehmen, das auf hochmodernem Niveau große Mengen Bier, bald über 100.000 Hektoliter, herstellen konnte. Die Frankenbräu war ab ihrem ersten Tag die mit Abstand größte Brauerei der Domstadt. Das Bamberger Bier fand seinen Weg bis nach Amerika, Australien, Ostindien, Indonesien und Afrika. Das hohe Ansehen, dass das Bier genoss, drückt sich nicht zuletzt darin aus, dass sich die Marke ab 1901 „Hofbräu“ nennen durfte, was eine Anerkennung durch das Königshaus bedeutete.


Markus Raupach

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